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Familienabenteuer am großen Fluss

Unsere Familienferien mit dem Camper in der Prignitz

Ganz im Nordwesten Brandenburgs liegt die Prignitz mit ihrer Elbtalaue. Auenlandschaften sind in Deutschland selten. An einem so großen Fluss wie der Elbe sind sie eine echte Besonderheit. Deshalb steht die Prignitzer Elbtalaue als Biosphärenreservat unter dem Schutz der UNESCO. Vier Tage lang erkundet unsere kleine Familie diese Natur- und Kulturlandschaft – zu Fuß, mit dem Fahrrad und im Kanu. Während ich meinen angehenden Teenager zum Wandern inzwischen überreden muss, kann er sich fürs Fahrradfahren und Paddeln wirklich begeistern.

  1. Vorschaubild schöne Stimmung beim Sonnenuntergang über dem Elberadweg mit Blick auf die Elbe im Sommer bei grün blühender Wiese

Die Prignitzer Elbtalaue von oben

Freitag, 19 Uhr: Nach gut zwei Stunden Fahrt aus Berlin Richtung Westen sind wir im Fachwerkstädtchen Lenzen an der Elbe angekommen. Die Wettervorhersage für das lange Wochenende ist durchwachsen. Doch zum Auftakt haben wir Glück. Die Regenwolken haben sich verzogen und hinterlassen Lenzen in frisch gewaschenem Grün.

Wir parken den Camper an der Burg Lenzen. Am Burgtor begrüßt uns ein Storch mit beeindruckendem Klappern. Zitronenmelisse duftet im Beet neben der historischen Fachwerkscheune. Dort und im mittelalterlichen Burgturm zeigt das Besucherzentrum des Biosphärenreservats Elbe seine Ausstellungen. Im Barockgarten und dem angrenzenden Auenreich gewinnen wir einen ersten Eindruck von der besonderen Flusslandschaft, die wir an diesem Wochenende erkunden.

21 Uhr: Auf dem kürzesten Weg fahren wir zur Elbe. Den Camper parken wir am ehemaligen Grenzwachturm Lenzen und laufen erst einmal ans Wasser. Der weite Abendhimmel taucht den Elbdeich in leuchtende Farben. Dann passiert etwas Seltengewordenes: Mein Elfjähriger greift nach meiner Hand.

Von der Aussichtsplattform genießen wir die Abendstimmung. Mein Sohn beobachtet mit dem bereitstehenden Fernrohr die Elbfähre, die gerade knirschend am Ufer festmacht. Ich lasse den Blick über den tiefen Horizont schweifen. Schafe und Kühe grasen am Elbdeich. Mächtige alte Weiden und Erlen setzen Tupfer in die Wiesenaue. Irgendwo ruft ein Kuckuck. Bei so viel Himmel und Weite macht sich ein Gefühl von Frieden und Freiheit in mir breit. Im gleichen Moment atmet auch mein Sohn tief durch. »Mama, es ist so schön hier draußen«, sagt er. Wie recht er doch hat! Erst bei Einbruch der Dunkelheit kommen wir an unserem reservierten Stellplatz am Hotel und Restaurant Alter Hof am Elbdeich im Lenzener Ortsteil Unbesandten an.

  1. Vorschaubild Drohnenaufnahme von der Elbe mit ihren Buhnen und der dörflichen Idylle sowie der weiten Prignitzer Landschaft mit ihren Wiesen und Feldern hinter dem Elbdeich im Sommer

Klettern über qualmendes Wasser

Samstag, 9 Uhr: Ein Morgen für Genießer. Die Morgensonne kitzelt uns aus dem Camper. Ums Frühstück muss ich mich nicht kümmern. Das steht in großer Vielfalt im Alten Hof für uns bereit. Heute wollen wir mit den Rädern an der Elbe entlangfahren und bei der sogenannten Lenzerwische-Radtour auch das Hinterland erkunden. Beim Start in Lenzen scheint noch die Sonne. Doch am Elbdeich ziehen bald Wolken auf. Ob wir die 27 Kilometer wohl trocken schaffen?

11 Uhr: Wir sind noch nicht weit gefahren, als ein »Bushaltestellenschild« am autofreien Radweg unsere Neugier weckt. Es ist einer der sogenannten »Haltepunkte Natur« im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg. Hier markiert es den Qualmwassersteg Lenzen. Der Name kommt vom Drängelwasser, welches unter einen durch Hochwasser eingestauten Deich durchsickert und an der Luftseite des Deiches aufsteigt. Dabei erfolgt der Wasseraustritt manchmal brodelnd oder qualmend, weil im Boden eingelagerte Luft hochgedrückt wird. Während mein Sohn auf dem schmalen, unebenen Steg aus Baumstämmen im Moorboden ganz cool von Stamm zu Stamm springt, betrachte ich den Balanceakt als Training gegen meine leichte Höhenangst. Frösche quaken in dem kleinen Sumpfgebiet. Ob sich der Lenzener Storch hier sein Frühstück geholt hat?

  1. Vorschaubild Natur- und Landschaftsführer Robert Sommerfeld mit rotem langen Bart und gelber Mütze steht auf einem Eichenpfal des Qualmwasserstegs, über die man balancieren muss, um zur Aussichtsplattform mit Informationstafel zu gelangen

Mississippi-Feeling auf dem Elberadweg

Samstag, 12 Uhr: Hinter einer Schafweide verzweigt sich die Elbe in Überschwemmungsteiche und Nebenarme. Riesige Weiden und Erlen stehen im Wasser und auf den Wiesen dazwischen. »Das sieht aus wie bei Huckleberry Finn«, sagt mein Sohn. Dann erwischt uns der erste Regen. Zuflucht finden wir im idyllischen Gartencafé Elbeglück in Mödlich. Dort bekommen wir nicht nur leckeren Cappuccino und Bio-Limo als Energieschub für die Weiterfahrt, sondern auch eine Picknicktüte namens »Radlerparadies Prignitz to go«. In Wootz holt uns der Regen wieder ein. Im Unterstand genießen wir unser Picknick und warten auf besseres Wetter. Leider vergeblich. Also kehren wir auf dem Elberadweg nach Lenzen zurück. Unter den dramatischen Wolken wirkt die Prignitzer Elbtalaue noch wilder. Mein großer Junge legt ein sportliches Tempo vor, so dass wir kaum nass werden.

  1. Vorschaubild Frîa Hagen, Inhaberin des Café Elbeglück in Mödlich überreicht lachend am Zaun ihres Gartenlokals einer Mutter mit ihrem jugendlichen Sohn zwei Lunchtüten "Radlerparadies Prignitz"

16 Uhr: Zurück am Wohnmobil und wieder getrocknet, treffen wir den Natur- und Landschaftsführer Robert Sommerfeld. Mein Sohn findet ihn auf Anhieb cool und weicht ihm kaum von der Seite. Robert führt uns an ein paar ganz besondere Fleckchen am großen Fluss. Ganz in der Nähe unseres Stellplatzes entdecken wir hinter dem Elbdeich einen Badeteich. Anschließend waten wir durch hüfthohes Gras zu einer windzerborstenen Weide mitten in der Elbaue. Hier, mitten in der Natur, wird auch mein angehender Teenager wieder zum Kind. Er balanciert auf dem blanken Stamm. Gemeinsam kriechen wir in den hohlen Stumpf. Durch zwei Astlöcher reichen wir uns die Hände.

18 Uhr: So viele Entdeckungen machen hungrig. Zum Glück muss ich mich ums Abendessen genauso wenig wie ums Frühstück kümmern, sondern darf einfach genießen. Denn wir haben im Alten Hof vorbestellt. »War das nicht trotz des Regens ein toller Tag?«, frage ich. Zur Antwort bekomme ich nur ein breites mampfendes Grinsen mit einem zufriedenen Nicken.

  1. Vorschaubild Natur- und Landschaftsführer Robert Sommerfeld ist unterwegs im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg mit einer Mutter mit ihrem jugendlichen Sohn bei bewölktem Wetter  in einer kniehohen Wiese

Mit dem Kanu auf der Löcknitz: Tierische Begegnungen

Sonntag, 8 Uhr: Die Sonne ist zurück. Es riecht nach frisch gemähtem Gras. Die Vögel zwitschern munter. Mit einer Tasse Tee sitze ich vor dem Wohnmobil, während mein Sohn erst aus den Federn kriecht. Was für ein wunderschöner Morgen! Heute geht’s aufs Wasser. Im Kanu wollen wir auf der Löcknitz paddeln. Ob das wohl gut geht?

10 Uhr: Die Löcknitz liegt beim Start in Lenzen ganz ruhig da. Sie spiegelt die Bäume und Gärten an ihrem Ufer. Vielleicht liegt es an der entspannten Sonntagsstimmung, vielleicht an der warmen Sonne oder an der friedlichen Natur um uns herum. Jedenfalls gibt es diesmal beim Paddeln keine Diskussionen. Gemächlich gleiten wir über die Wasserfläche. Da ruft wieder der Kuckuck. Bald weitet sich die Löcknitz, und der Gegenwind schlägt kleine Wellen. Aus dem Schilf am Ufer schwimmt ein Schwan in unsere Richtung. Respektvoll gewähren wir ihm Vorfahrt. Er ist ohnehin schneller als wir. Zurück gleitet das Boot mit wenigen Paddelschlägen fast von selbst. Mein Juniorpaddelpartner streckt sich lang und genießt still die wärmende Sonne. Dann entdeckt mein Großer etwas am Ufer. Es sind Nutrias. Weil wir uns so leise wie Indianer fortbewegen, können wir die kleinen Wassernager beobachten, bevor sie uns bemerken und sich im Schilf verstecken.

  1. Vorschaubild Mutter und jugendlicher Sohn paddeln in einem Boot entlang der von Bäumen gesäumten Löcknitz im Sonnenschein

Zu Besuch im Künstlerdorf Breetz

Sonntag, 15 Uhr: »So ein halber Tag auf dem Wasser ist wie ein ganzer Urlaub«, sage ich strahlend zu meinem Sohn. Doch nun ist mir nach einem Kaffee zumute. Den bekomme ich im Prignitz-Dorf Breetz im Café »Raum für Altes und Schönes«. Aus dem 12-Häuser-Weiler hat sich ein lebendiger kleiner Künstlerort entwickelt. Zwischen den reetgedeckten Fachwerkhäusern auf der Dorfstraße fallen historische Briefkästen in Knallfarben, eigenwillige Metallskulpturen und große bunte Murals an zwei langgezogenen Gebäuden auf. Mit einem Cappuccino in der Hand und meinem Sohn an der Seite schlendere ich zur Antik-Scheune. Für die unglaubliche Antiquitätensammlung mit jeder Menge skurriler Geräte kann sich auch mein Sohn begeistern.

Am Gartenzaun treffen wir den Mann, dem Breetz das bunte Leben auf seinen alten Straßen verdankt. Der Aquarellmaler und Grafikdesigner Horst Oppenhäuser hat mit seiner Frau in einem alten Gehöft ein Ferien- und Seminarhaus und die Künstlerkate unter dem Dach der Nostalgie-Ferien aufgebaut. Für diese nachhaltige Investition hat er den Brandenburger Tourismuspreis erhalten. Wir dürfen in den Garten der Künstlerkate eintreten. Der Junior erobert gleich das Trampolin und als nächstes das Seil-Floß auf der Löcknitz. Da will ich aber mit – einmal kurz übersetzen und wieder zurück.

20 Uhr: Noch einmal unternehmen wir einen Abendspaziergang auf dem Elbdeich. In den Gärten hinter dem Deich sitzen Familien beim Grillen zusammen. Immer wieder begegnen wir anderen Spaziergängern, die wie wir den schönen Abendhimmel an der Elbe in seiner ganzen Weite genießen. Und mal wieder ruft der Kuckuck. Wie am ersten Abend können wir uns auch am letzten erst losreißen, als die Sonne zu Bett geht.

  1. Vorschaubild Galerie des Künstlers Horst Oppenhäuser in Breetz im Herbst mit buntem Laub vor der Tür, es handelt sich um ein rotes Backsteinhaus, vor dem eine kunstvolle Blechtonne sowie ein Hinweisschild zur Galerie stehen

Hünengrab und Torfmoor bei Rambow

Montag, 10 Uhr: Das Wohnmobil ist abfahrbereit. Heute geht es zurück nach Hause. Doch vorher stoppen wir noch an einem weiteren »Haltepunkt Natur«. Das Rambower Torfmoor liegt direkt auf unserem Rückweg von der Lenzerwische zur Autobahn. Das Wohnmobil parken wir am Hünengrab, einem der sechs Standorte der »Zeitschätze Prignitz – Zentrale Achäologische Orte«. Mehr über die Geschichte der Grabstätte mit riesigen Findlingssteinen verrät eine Infotafel. Von hier wandern wir durch lichten Laubmischwald in Richtung Moor.

Der ganze Themen-Rundweg um das Moorgebiet ist uns mit 12 Kilometern zu lang. Uns reichen die knapp zwei Kilometer bis zum Beobachtungsturm »Moorblick«. Von dort lassen sich die Ausmaße des Moores erahnen, wenngleich die Enden der riesigen Schilf-Fläche hinter den Bäumen verborgen bleiben. Eine Gruppe Kraniche schwingt sich aus dem Schilf hoch. Wenig später gleiten die Glücks-Vögel direkt über unsere Köpfe hinweg. Und auf dem Rückweg begleitet uns noch einmal der Ruf des Kuckucks.

  1. Vorschaubild Hünengrab Mellen bestehend aus Megalitsteinen zwischen vom Herbst verfärbten Bäumen
Kopfmotiv: Tourismusverband Prignitz/Madlen Krippendorf