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Prignitzer Kopf: Gertrud Rohloff Hecker erzählt …

»Wir gelangten über Umwege nach Mödlich, einem Sehnsuchtsort mit freiem Blick auf den Himmel«

Aufgewachsen in einer Kleinstadt am Rande der Eifel, ging es am Wochenende mit der Familie in den Wald oder an ein Maar. Ich habe es geliebt. Die Geschwister waren da anderer Meinung. Zum Studium ging es nach Aachen, in der Freizeit lockte das Hohe Venn mit Wäldern, Sümpfen und der Freiheit zu wandern, auch über grüne Grenzen hinweg. Auf Aachen folgte Berlin, kurz Kreuzberg und dann 30 Jahre Neukölln. Diese 30 Jahre lebte ich schon mit dem Mann zusammen, der heute noch an meiner Seite ist. In Berlin lockten Theater, Kinos, Konzerte. Übers Theater kam die Berührung mit der Atemarbeit nach Ilse Middendorf, dem Erfahrbaren Atem. Aus der Neugier wurde Leidenschaft, aus dem Wunsch die Arbeit weiterzugeben, ein Beruf. Die Sehnsucht nach der Natur blieb ein wenig auf der Strecke. Immer nur Schlachtensee oder Spandauer Forst ist auf die Dauer hart.

Wenn die Aue lockt

Nach der Grenzöffnung ging es mit Fahrrad und S-Bahn ins Umland. Endlich haben wir uns eingestanden, dass wir nach Jahrzehnten Neukölln wieder den Himmel sehen und das Wetter riechen wollen. Wir begaben uns auf die Suche und gelangten über Umwege in die Westprignitz, nach Mödlich, einem Sehnsuchtsort mit freiem Blick auf den Himmel. Täglich zeichnet das Licht die Landschaft neu. Die Aue lockt Vögel und Rehe, stellt sich dem Fluss zur Verfügung und erwacht leicht verändert zu neuem Leben, wenn er sich zurückzieht. Wetter, Wasserstand, Jahreszeit formen und ermuntern immer neu zu schauen. Wie in der Atemarbeit, wo das Jetzt zählt von Atemzug zu Atemzug. Wir erleben den eigenen Rhythmus und die Freiheit, die Weite bringt, außen wie innen.

Geheimtipp

Der Plusbus »Prignitzer Elbtalaue« zwischen Wittenberge und Lenzen hält in Babekuhl. Aussteigen und sich in den Wald schlagen. Geradeaus, einmal links, einmal rechts und schon sind wir in Gadow. Ein kleiner Weg lädt ein zum Mausoleum. Alte Bäume, noch wachsend oder schon verwandelt und bewohnt, die Löcknitzniederung, eine Rast unter Vogelgezwitscher vor historischer Kulisse.