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Knattercamping - Freiheit auf vier Räder bei Nadine Siemer

Camping bedeutet für viele Freiheit, Entspannung in der Natur und das Gefühl von Abenteuer - doch wer steckt eigentlich hinter einem Campingplatz und sorgt dafür, dass alles reibungslos verläuft? Und was macht einen Stellplatz wirklich besonders? Nadine Siemer betreibt das Knattercamping in Bantikow am Untersee in zweiter Generation und gibt uns im Interview einen Blick hinter die Kulissen.

Tourismusverband: Sie haben sich entschlossen den Campingplatz von Ihren Eltern zu übernehmen, warum und was verbinden Sie mit dem Camping?

Nadine Siemer: Mit dem Campingplatz bin ich aufgewachsen. 1992 haben meine Eltern ihn von der Gemeinde übernommen und neben ihren eigentlichen Berufen im Nebenerwerb geführt. Schon während meiner Schulzeit und später im Studium war ich viel auf dem Platz.
Anfang der 2000er-Jahre kam dann die neue Campingplatzverordnung: Trockentoiletten und kaltes Wasser waren Geschichte, ein neues Waschhaus und die komplette Infrastruktur mussten her – ein Kraftakt für meine Eltern. Damals war für mich klar: Das wird nicht mein Weg.
Doch die Zeit und mein eigenes Berufsleben haben meinen Blick verändert. Am Ende ging es weniger darum, ob es ein Campingplatz sein sollte, sondern darum, ob ich den Schritt in die Selbständigkeit wagen und ein Unternehmen weiterentwickeln möchte. Diese Entscheidung habe ich bewusst getroffen. Heute stehe ich hier, voller Pläne und Ideen – auf dem Platz, mit dem ich aufgewachsen bin und der zur Familie gehört.

Tourismusverband: Was macht Ihren Campingplatz besonders – und warum kommen die Gäste immer wieder?

Nadine Siemer: Es ist die Mischung aus Unkompliziertheit, ländlichem Charme und einer Prise Humor. Hier gibt es keinen Schnickschnack, aber dafür viel Herz. Die Gäste schätzen das Persönliche und die Familie Siemer als Gastgeber, die Natürlichkeit, die Lage am Wasser und natürlich unsere tierischen Stars, die Zwergziegen und Zwergschweine – wer einmal am Futterautomaten stand, kommt in der Regel wieder.

Tourismusverband: Woher kommen ihre Gäste überwiegend und wer hatte bisher die wohl weiteste Anreise?

Nadine Siemer: Unsere Gäste reisen aus ganz Deutschland an, besonders aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Auch Niederländer und Dänen machen bei uns Urlaub, oft für mehrere Wochen. Und die weiteste Anreise? Wir haben Urlauber aus der ganzen Welt, sogar aus Kanada.

Tourismusverband: Was sind die häufigsten Anliegen oder Fragen, die Camper an Sie haben?

Nadine: Siemer: Ein Klassiker: »Frau Siemer, dürfen wir Ihnen den Betrag auch überweisen? Wir haben leider keine Kreditkarte.«
Seit letztem Jahr gibt es bei uns ausschließlich Online-Buchungen mit Sofortbezahlung. Das war ein notwendiger Schritt, weil wir an Spitzentagen über 50 Anreisen und mehr als 500 Gäste auf dem Platz haben. Hinzu kommen zahlreiche E-Mails und rund 60 Anrufe täglich.
Unser Ziel bleibt: den Urlaub für die Gäste so unkompliziert wie möglich gestalten. Keine Schrankenkarte gegen Pfand, kein Duschmünzen-Verkauf – und Brötchen werden online bestellt.
Und natürlich gibt es immer wieder Fragen: Gibt es Bootsverleih? Darf man grillen oder Lagerfeuer machen? Bis wann ist Anreise möglich? All das klären wir im Handumdrehen.

Tourismusverband: Hat sich das Campingleben in den letzten Jahren verändert, wenn ja, wie?

Nadine Siemer: Camping hat sich komplett gewandelt. Früher reisten die meisten Gäste mit dem Zelt an. Heute sind es oft Familien mit gut ausgestatteten Wohnwagen, Wohnmobilen oder Campervans.
Und die Gäste? Die sind heute anders als vor 20 Jahren. Gerade junge Familien entdecken Camping neu: Es bedeutet Unkompliziertheit und Freiheit, besonders für die Kinder. Dabei ist Camping kein Ersatz für andere Urlaubsformen, sondern eine bereichernde Alternative zum Hotel oder der Ferienwohnung. Die Gäste sind reiseerfahren und anspruchsvoll – sie suchen Natur, Ästhetik und das Gefühl von Freiheit.

Tourismusverband: Wie sieht ein typischer Tag einer Campingplatzbetreiberin in der Prignitz aus?

Nadine Siemer: Das hängt von der Jahreszeit ab.
Im Sommer beginnt der Tag um 8 Uhr in der Rezeption, manchmal auch früher, wenn ich »Brötchenbackdienst« habe – und dann passiert alles gleichzeitig: Brötchenabholung, Telefonate, Bezahlvorgänge, Buchungsbearbeitungen. Früher gab es dazu noch Duschmarken und Schrankenkarte; das haben wir abgeschafft. In der Mittagspause folgen dann der Einkauf für den Kiosk und ganz« nebenbei die Behördensachen, Buchhaltung, Marketing.
Nachmittags kommen die Gäste an. Ich bringe sie zum Stellplatz, helfe bei Kabelanschlüssen oder gebe Tipps für Ausflüge. Zwischendurch gibt es den Eisverkauf, Bootsverleih und manchmal auch mehrere eine Extra-Schichten im Waschhaus, wenn unsere Putzdame ausnahmsweise ausfällt. Und der Tag endet, wenn der letzte Gast, manchmal erst um 22 Uhr, angereist ist.
Im Winter ist Bauzeit! Planung, Beauftragung, Bauleitung. Letzten Winter entstand ein neues WC-Mobil aus Holz, gerade bauen wir neue Außenduschen und die Kernsanierung des Waschhauses mit Wintergartenanbau folgen im Herbst. Handwerker müssen koordiniert, Angebote eingeholt und die Arbeiten abgestimmt werden.
Im Grunde ist der Campingplatz wie ein Hotel mit über 100 Zimmern – nur eben im Freien und mit einer Handvoll Menschen im Team: einem Rezeptionsleiter, einer Putzdame und meinem Bruder als Allrounder. Mit mir zusammen sind wir nur zu viert. Wenn einer von uns ausfällt - seht der Betrieb einmal auf dem Kopf…

Tourismusverband: Welche Begegnung mit Gästen bzw. welche ungewöhnliche/lustige Situation ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Nadine Siemer: Viele Gäste kommen schon seit den 1960er-Jahren. Beim Knattercamping wachsen sozusagen Familientraditionen und -generationen. Ein Moment aus dem letzten Jahr ist mir besonders im Kopf geblieben: Eine Familie, die zum ersten Mal hier war, rief wenige Wochen nach ihrem Urlaub bei uns an und fragte: »Frau Siemer, ist bei Ihnen noch ein Platz frei?« Als ich sagte »Aber ja und sogar der Platz, auf dem Sie beim letzten Mal standen«. Am Telefon hörte ich im Hintergrund so laut jubelnde und sich freuende Kinder, dass mir noch heute das Herz aufgeht.

Tourismusverband: Welcher Stellplatz oder welcher Ort auf Ihrem Gelände ist Ihr persönlicher Lieblingsplatz und warum?

Nadine Siemer: Mein Lieblingsplatz ist immer dort, wo die Gäste am liebsten stehen. Es gibt Familien, die kommen zum zweiten, dritten oder vierten Mal und möchten immer genau diesen einen Platz wieder haben. Das zeigt mir: Hier fühlen sie sich zu Hause – und genau das ist das schönste Kompliment.
Aber wenn Sie es genau wissen wollen: Die Plätze am Wasser sind schon sehr schön :-)

Tourismusverband: Haben Sie einen Geheimtipp, wie der perfekte Tag in Ihrer Umgebung aussieht?

Nadine Siemer: Kommt drauf an, wer vor mir steht! Familien mit kleinen Kindern? An Schlechtwettertagen ab ins Spaßbad nach Neuruppin oder in den Tierpark nach Kunsterspring. Bei Sonnenschein: Boot klar machen, über den See schippern, auf der Insl anlegen oder am Strand planschen. Für alle anderen: Morgens eine gemütliche Bootsrunde, dann rauf aufs Rad und unsere ausgewiesenen Routen erkunden. Nachmittags ein Stück Kuchen in den umliegenden Restaurant und abends? Entweder fein Essen gehen oder den Sonnenuntergang beim Knattercamping genießen.

Tourismusverband: Was sollten Camping-Neulinge unbedingt wissen, bevor sie anreisen und worauf sollten sie sich vorbereiten bzw. was sollten sie dabeihaben?

Nadine Siemer: Wichtig sind eine Schlafgelegenheit (Zelt, Wohnwagen oder Bus), wetterfeste Kleidung und gute Laune. Alles andere findet sich bzw. haben wir da.

Tourismusverband: Wenn Sie selbst in der Prignitz verreisen würden: Wo würden Sie in der Prignitz gern Urlaub machen bzw. campen?

Nadine Siemer: Mich zieht es immer ans Wasser, z. B. an die Elbe. Mit Fahrrad und Übernachtung in einer schönen Ferienwohnung oder im Hotel - gern mit guter Küche und ästhetisch sehr ansprechender Ausstattung.

Tourismusverband: Fahren Sie persönlich auch in den Campingurlaub?

Nadine Siemer: Ganz ehrlich: Nein :-) Nur vielleicht, irgendwann einmal, eines Tages, möchte ich eine Reise mit dem Wohnmobil machen. Immer am Meer entlang, Richtung Norden, um die Polarlichter zu sehen. Aber bis dahin habe ich noch ein bisschen zu tun: Sommer, wie Winter.

Kopfmotiv: N. Siemer